Die im Sommer offenen 4×4 Pisten im Hochland von Island sind selbst für extrem robuste Geländewagen eine Herausforderung. Eis, Schmelzwasser, reissende Flüsse ohne Brücken, im Weg liegende Steine, Schlaglöcher, versteckte Rinnen und weggewaschene Pisten bringen Landrover, Mercedes-G, Jeep & Co schnell ans Limit. Hier ist eine Anleitung mit vielen wichtigen Tipps, wie man Flussdurchfahrten in Island optimal bewältigt. Dabei erkläre ich alles zu den unterschiedlichen Fahrzeugen, der besondere Situation im Hochland von Island und speziell Furten / Wasserdurchfahrten.
Denn nach schlechtem Wetter können Furten selbst für sehr erfahrene Offroad Piloten ein ernstes Hindernis sein.
Die Isländer unterscheiden bei der Freigabe ihrer Strassen sogar noch zwischen echtem Geländewagen und hochgerüsteten Super-Jeeps. Mit „echtem Geländewagen“ sind keine Stadt-SUV gemeint. Aufgerüstete Super Jeeps haben zusätzlich eine Höherlegung, ein geändertes Fahrwerk, extrabreite Reifen und eine nachgerüstete Reifendruckregelanlage. Manchmal sind offroad Pisten im Hochland nur für diese aufgerüsteten „Mountain Jeeps“ freigegeben. Meiner Erfahrung nach sind die Hochland Pisten in Island auch mit gewöhnlichen Geländewagen gut zu schaffen. Man sollte sein Fahrzeug jedoch gut kennen und wissen, wie man knifflige offroad Situationen souverän meistert.
In diesem Artikel geht es daher darum, auf Islands Hochland Pisten Fehler zu vermeiden und für Furten perfekt vorbereitet zu sein. Dein Guide, um deinen Offroad in Island optimal zu planen !
Vorbereitung für Island und Pisten mit Furten: Strassenlage online checken
Es gibt mehrere Webseite, die über die Strassenlage in Island informieren.
Vegasja informiert darüber, ob Strassen aus Asphalt oder Rollsplit bestehen. Zusätzlich wird die Windstärke eingeblendet. Unten rechts hat die Webseite zusätzlich einen Kasten, der die Koordinaten unter dem Mauszeiger anzeigt.
www.umferdin.is (road.is) zeigt an, welche Strassen geöffnet sind. Messstationen informieren online über Temperatur und Wind.
Gesperrte Strassen sind rot und zusätzlich oft noch mit dem runden „driving prohibited“ Zeichen versehen. Geöffnete Strassen sind grün, können aber den Zusatz „montain vehicles“ haben. Die Strassen sind dann befahrbar, haben aber noch Stellen mit Eis & Schnee – und entsprechende Überflutungen. 4×4 Stadt SUV scheitern dort.
Umferdin / road.is unterscheidet bei den gesperrten Strassen noch zwischen unpassierbar und geschlossen. Unpassierbar können Strassen im Hochland sein, auf Grund wiedriger Wetterbedingungen. Auf meinem Beispiel oben ist ein Ausschnitt aus Grindavik. Dort waren die Strassen befahrbar, aber wegen eines drohenden Vulkanausbruchs gesperrt.
Wer auf einer für sein Fahrzeug gesperrten Strasse unterwegs ist und eine Rettung benötigt, sollte eine ganz besonders gute Ausrede parat haben. Falls eine aufwändige Bergung notwendig wird zahlt man dann den Preis, der für sowas in Island üblich ist.
Nur die wichtigsten Strassen sind in der Online Karte von Umferdin / road.is gelistet. Viele F-Strassen und nicht überwachte, kleinere Pisten erhalten keine Einschätzung auf der Webseite. Anhand der „offiziellen“ Situation kann man in etwa abschätzen, ob der Weg auf selten genutzten offroad Pisten in der unmittelbaren Nachbarschaft machbar ist. Eine Garantie ist das freilich nicht.
Island Vorbereitung: spezielle 4×4 Strassenschilder & Besonderheiten auf den Strassen
Auf den Strassen von Island gibt es darüber hinaus noch folgende Besonderheiten:
In einem Kreisel mit zwei Spuren hat der innere Ring Vorfahrt. Es kann einem daher passieren, im Kreisel links überholt zu werden – dann biegt der Fahrer plötzlich im 90 Grad Winkel vor einem ab, um die Ausfahrt zu nehmen. Und ist auch noch im Recht mit dieser überraschenden Aktion.
Einspurige Tunnel haben Ausweichbuchten, die mit einem blauen M-Schild beschriftet sind. Wenn rechts Buchten sind, muss in diese bei Gegenverkehr ausgewichen werden.
Gibt es rechts keine Bucht mit blauem Schild, hast du Vorfahrt. Die Gegenseite weicht in M-Buchten aus.
Ausnahme: LKW haben immer Vorfahrt. In dem Fall müssen die Autofahrer eventuell sogar links rüber in eine Bucht und den LKW durchlassen. So beobachtet auf der 76 von Siglufjördur nach Olafsfjördur. Krassester Tunnel ever !
Brücken sind oft einspurig. Ein Schild warnt dann davor. Stimme dich mit dem Gegenverkehr ab oder warte vor der Engstelle.
Malbik Endar warnt davor, dass die Asphalt Strasse in eine Schotter Piste über geht.
Vorbereitung zum furten in Island: welches Fahrzeug habe ich ? Welche Bodenfreiheit und Wattiefe habe ich ?
Die Wattiefe legt fest, wie tief das Wasser sein darf, worin das Fahrzeug eintaucht. Die Luftansaugung für den Motor muss dazu möglichst hoch liegen. Elektronik muss vor Feuchtigkeit geschützt sein. Zur Not kann man mit verstärktem Faser Klebeband und zerschnittenen Plastiktüten kreativ werden, um wichtige Komponenten für kurze Zeit wasserdicht zu verpacken.
Im Notfall lässt sich mit Plastikschlauch zum Beispiel für eine Dunstabzughaube aus dem Baumarkt und viel Klebeband die Luftansaugung ebenfalls erhöhen. Eventuell gewinnt man damit die entscheidenden 20 cm.
Wenn die Luftansaugung vom Motor gut aussieht würde ich die Entlüftungsleitungen der Achsen, der Kupplung und vom Getriebe prüfen. Liegen die hoch genug ? Standheizungen sind oft unter dem Fahrzeug verbaut und dort besonders gefährdet.
Mit Bodenfreiheit ist der Abstand zwischen der Strasse und dem tiefsten Punkt der Auto Karosserie gemeint. Wichtige Frage: wie viel Platz ist unter der Achse ? Wenn die Achse aufliegt, hängen die Räder in der Luft und das Fahrzeug steckt fest. Oder ein kleiner Felsen macht die Achse, den Auspuff, die Schraube der Ölwanne oder irgendwelche Leitungen kaputt.
Wenn Gräben oder Bäche gefurtet werden sollen muss das Fahrzeug über einen steilen Böschungswinkel verfügen. Das ist bei Geländewagen praktisch immer der Fall, aber nicht bei 4×4 LKWs.
Die Isländer unterscheiden bei Autos mit Allradantrieb die folgenden Fahrzeugklassen:
Einsteiger 4×4: Autos mit 4×4 Antrieb, die bei uns als Stadt SUV unterwegs sind. Zum Beispiel: Dacia Duster, BMX X5, Fiat Panda 4×4. Das ist für Island bereits sehr gut !
Diese Fahrzeuge haben zwar einen Allrad Antrieb, aber nur eine geringe Bodenfreiheit und meist nur gewöhnliche Reifen mit Strassenprofil. Scharfkantige Steine oder kleine Felsbrocken, die in der Mitte des Weges liegen können bereits zu einer Gefahr für Reifen oder die Unterseite vom Fahrzeug werden.
Echte Geländewagen: Diese haben 4×4 Allradantrieb, zusätzlich Differentialsperren und ein Getriebe mit Geländeuntersetzung. Das erkennt man im Fahrzeug meist an den zwei Schalthebeln.
Zum Beispiel: Toyota Landcruiser, Toyota Hilux, Mercedes G, klassischer Landrover Defender, erster Humvee
Diese Autos haben eine Bodenfreiheit von mindestens 20 cm. Eine Geländeuntersetzung bringt mehr Kraft auf die Strasse und eine weit oben liegende Luftansaugung ermöglicht das Fahren in bis zu 50 cm tiefem Wasser. Auf diesen Fahrzeugen werden robuste Reifen mit einem groben Profil aufgezogen. Oft ist eine Seilwinde zur Bergung anderer Fahrzeuge an Board.
Aufgerüstete, schwere Geländewagen auf Basis vom Heavy Duty Geländewagen, wie dem Ford F-150 oder F-350, Doge Ram.
Üblich ist ein geändertes Fahrwerk, grosse und sehr breite Reifen, eine Reifendruckregelanlage, zusätzliche Scheinwerfer, permanent befestigte Haken zur Bergung vorne und hinten. Eine Bodenfreiheit von bis zu 50 cm ist nicht unüblich. Diese Fahrzeuge sind zusätzlich oft dafür optimiert, auf Schnee zu fahren ohne einzusinken. Flüsse, die bis zu 75 cm tief sind werden problemlos durchwatet. Viele Motoren haben Chiptuning für mehr Leistung.
Die 35 oder die 550 kann jedoch durchaus mit Einsteiger 4×4 Fahrzeugen befahren werden. Die 35 hat ausserdem keine Furten.
Grüne Hochlandstrassen mit F sind nur für echten Geländewagen frei gegeben. Grüne F-Strassen, die den Zusatz „Mountain Vehicle“ haben sind – offiziell – nur für aufgerüstete Super Jeeps geeignet.
Inoffiziell (das sage daher nur ich) kann man sie befahren, wenn man über viel Erfahrung verfügt und bereit ist, mit seinem Geländewagen bei nicht zu bewältigenden Passagen (Furten) umzukehren.
Beispiel: die F249 ist mit der Krossa Furt im Frühsommer extrem. Neben mir stand in Grettislaug ein MAN. Der Fahrer ist da mit seinem LKW durch, aber das Wasser war 1,20m hoch und die Strömung sehr stark. Selbst mit einem guten Geländewagen war das zu dem Zeitpunkt komplett ausgeschlossen. Ich wäre mit meinem Fahrzeug umgekehrt.
LKWs mit militärischer Vergangenheit wie der DAF T244 spielen durchaus in der Liga der aufgerüsteten Jeeps mit. Wegen dem hohen Gewicht kann er zwar nicht aufschwimmen und abtreiben, aber es ergeben sich andere Schwierigkeiten. Der DAF kann mit den original 12.00 Reifen stärker in Passagen mit Sand einsinken. Eine Bergung vom LKW ist deutlich schwieriger als beim Geländewagen.
Wichtig: in Island NIEMALS neben der Piste fahren, dort wartet tiefer Matsch
Warum nicht neben der Strasse fahren ? Erstens weil es verboten ist, denn es schadet der Landschaft. In Island ist das Problem der Erosion wegen der leichten, vulkanischen Erde schlimmer als zum Beispiel in Deutschland. Furchen verschwinden erst nach Jahren. Eine Vegetation ist entweder nicht vorhanden oder hat im Jahr nur wenige Wochen Zeit, aufgerissene Stellen zu reparieren.
Zweitens kann der Boden neben der Piste komplett matschig und voller darin versteckter Steine sein. Im Matsch versinkt man bis zur Achse – Steine machen das Auto von unten kaputt. Oder die Reifen. Oder beides.
Insbesondere, wenn auf dem Weg so etwas wie eine grosse Pfütze ist würde ich diesen immer langsam durchfahren und nie ausweichen. Drum herum fahren ist im ersten Moment zwar naheliegend, aber die Piste hat einen verdichteten Untergrund und ist daher sicher. Auch wenn sie gerade unter Wasser liegt.
Wenn man trotzdem unsicher ist kann es nicht schaden, erst Mal anzuhalten und das Wasser barfuss oder in Sandalen zu durchwaten. Wenn man nur bis zu den Knien im Wasser steht, schafft es das Auto auch.
Hey, keinerlei Spuren von einem Spaten. Offenbar wurde versucht, das Fahrzeug mit den Händen und einem Stock auszugraben. Wie die Schuhe, die Klamotten und das Auto nachher wohl ausgesehen haben ?
Nachdem ein zufällig vorbei kommender Geländewagen problemlos durchgefahren ist, hab ich es auch gewagt. Es ging (natürlich) ohne Schwierigkeiten. Es schadet jedoch nicht, manchmal eine kleine Pause zu machen, um alles gut zu bedenken und sich vorzubereiten.
Material für eine Bergung
Mindestens: einen Bergegurt und zwei Schäkel, um den Gurt zu befestigen. Vor der Abfahrt würde ich prüfen, ob die Öse zum Abschleppen an Board ist oder eine andere Möglichkeit, Bergemittel festzumachen. Vor einer möglicherweise kritischen Furt würde ich die Öse zum Abschleppen dann schon mal in Ruhe festschrauben. Und Bergematerial bereit legen, für alle Fälle.
Ein dickes Seil ohne definierte Bruchlast ist nicht optimal, aber besser als gar nichts.
Meine Bergegurte vertragen 25 Tonnen und sind damit für LKW und PKW gleichermassen geeignet. Gurte mit 10 Tonnen sind bei einem 7,5 Tonnen Truck bereits ausreichend.
Erste Begegnung mit einer Furt in Island: am Ufer Informationen sammeln
An der Furt angekommen besteht der erste Schritt darin, Informationen zu gewinnen und herausfinden, wie tief das Wasser ist. Erste Möglichkeit: ein Fahrzeug beobachten, was den Fluss durchquert. Zweite Möglichkeit: mit Sandalen und hochgezogenen Hosen selbst hinein waten.
Folgende Fragen müssen geklärt werden: Wie tief ist das Wasser ? Wie stark ist die Strömung ? Wie fest oder steinig ist der Untergrund ? Wird die Wattiefe vom Fahrzeug überschritten ?
Entscheidend kann auch der Zeitpunkt sein. Morgens ist weniger Wasser im Fluss als am späten Nachmittag, wenn die Sonne im Gebirge Schnee geschmolzen hat. Starker Regen lässt jeden Fluss anschwellen.
Je höher das Wasser ist, um so stärker ist der Seitendruck auf das Fahrzeug. Leichte Fahrzeuge (Suzuki Jimny) können im schlimmsten Fall aufschwimmen und abgetrieben werden.
Es kann nicht schaden, bei gefährlichen Furten auf ein zweites Fahrzeug zu warten und sich zum gemeinsamen furten zu verabreden. Falls etwas schief geht, kann man sich gegenseitig rausziehen.
Am wichtigsten ist jedoch, die Wattiefe vom Fahrzeug zu kennen. Bis zu welcher Wassertiefe kann das Auto verwendet werden ?
Helfen können einem andere Reisende, die einem entgegen kommen und bereits Erfahrung mit der Strecke gemacht haben. Die Park Ranger (die sind am ehesten bei den Hütten) wissen ebenfalls genau über ihr Gebiet und die Furten Bescheid.
Es ist keine Schande, auch an einer kleinen Furt anzuhalten und zunächst alles genau zu beobachten.
Vorbereitung vom Fahrzeug am Ufer. Speziell DAF T244, aber leicht auf andere Fahrzeuge übertragbar
Eindringendes Wasser: Beim DAF T244 wird die Kupplung mit einer extra dafür vorgesehenen Schraube von unten gegen eindringendes Wasser verschlossen. Das kann man auch mit einem Stück Klebeband machen. Ausserdem wird die Lüftung ausgeschaltet und die Lüftungsklappe vom Cockpit aus mit dem Drehregler verschlossen.
Sperren einlegen: Die Mittel Differentialsperre wird mit dem 4×4 Taster aktiviert und der Hebel für die Geländeuntersetzung nach unten gezogen.
Reifendruck: Auf den Hochland Pisten und für die Furten sollte der Reifendruck reduziert werden, damit der Reifen mehr Auflage und Gripp hat. Ausserdem dämpft das Schlaglöcher und die Waschbrettpiste etwas.
Meine 12.00 Reifen fahre ich auf Asphalt mit 5,5 Bar vorne und 6,5 Bar hinten. Für Pisten und Furten reduziere ich auf 4 Bar vorne und 4,5 Bar hinten, was wahrscheinlich noch etwas zu viel Druck ist.
Eine Empfehlung, den Reifendruck um 20% bis 25% zu senken so dass der Reifen beginnt einen leichten Plattfuss auszuformen sollte universell richtig sein.
Der Sicherheitsgurt wird nicht angelegt und alle Fenster werden heruntergekurbelt, so dass man im Notfall schnell raus kommt. Die Dachluke wird daher geöffnet und hinter der Kabine eingehakt.
Diese Prozedur gilt auch, wenn ein fremdes Fahrzeug im Wasser abgeborgen werden soll.
Material zur Bergung sollte für alle Fälle bereit liegen, daher im Fussraum vom Beifahrer.
Beobachtung vom Wasser in der Furt. Beispiel mit einer flachen Stelle.
Bei manchen Furten ist es aber genau umgekehrt: die eigentliche Furt hat eher glattes Wasser, während gefährliche Bereiche grosse Felsen und damit sehr unruhiges Wasser haben.
Eine günstige Zeit zum furten ist in der Regel der Vormittag. Nachmittags hat die Sonne Zeit gehabt, Schnee in den Bergen zu schmelzen. Furten können Nachmittags oder Abends daher erheblich mehr Wasser führen als Morgens oder am Vormittag.
Gletscherflüsse sind trübe, man kann selten auf den Grund blicken.
Furten in Island – mit dem Fahrzeug durch das Wasser
Auf dem zweiten Bild kann man erkennen, wie das Fahrzeug seitlich von der Strömung erfasst wird, sich zur Seite neigt und für einen kurzen Moment die Traktion verliert. In Bild 3 hat die Strömung den Jimny glatt an den zwei Fussgängern vorbei bewegt.
Wasser überspült beim einfahren die Motorhaube und drückt auch darunter. Der Fahrer hatte Glück, dass es nicht zu einem Motorschaden gekommen ist.
Ich hab die gefährliche Stelle jeweils mit einem roten Punkt markiert. Auf Bild 2 taucht der Bus tief ein, da die Vorderachse in die Rille geraten ist. In Bild 3 befindet sich die Stelle zwischen den Achsen, der Bus steht wieder gerade. Auf dem letzten Bild taucht der Bus nochmals mit der Hinterachse tief in die Querrille ein und wird kräftig durchgeschüttelt.
Sowohl dem Bus aus auch dem Jimny fehlt vorne das Nummernschild: bei einer anderen Gelegenheit in der Flut abgerissen.
Kräfte, die in einer Furt auf das Fahrzeug wirken und praktische Erfahrung
Wenn das Wasser die Unterkante vom Fahrzeug erreicht, wirken plötzlich ganz andere Kräfte auf das Fahrzeug. Das kann etwas überraschend sein. Vor allem dann, wenn der Geländewagen kleinere Furten mit 20 – 30 cm gut bewältigt hat.
In GELB hab ich Flächen markiert, die vom Fluss angeströmt werden. Hier im Beispiel sind es nur die Reifen. Weitere Kräfte wirken auf das Auto nicht. Aus Sicht des Fahrers ist das etwas abenteuerlich, aber es klappt ja eigentlich erstaunlich gut.
Zweites Scenario: das Wasser ist gestiegen. Nicht viel, gerade einmal 10 – 20 cm ! Der Unterboden ist bedeckt, der Geländewagen fährt etwa 30 – 40 cm im Wasser. Eigentlich nicht weiter dramatisch aus Sicht vom Fahrer, der bereits erfolgreich durch das 20 cm tiefe Wasser gefahren ist. Es sieht vom Cockpit aus fast genau so aus.
Die Segelfläche (GELB) hat sich dramatisch erhöht. Im Wasser fängt das Auto an, aufzuschwimmen. Auch wenn die Räder noch Kontakt zum Boden haben, verringert sich die Traktion. Überraschend ist daher noch eine dritte Kraft hinzugekommen: Auftrieb. Markiert mit den roten Pfeilen.
Sobald das Wasser die Unterseite vom Fahrzeug erreicht stellen sich daher neue Effekte ein. Das Verhalten vom Fahrzeug kann plötzlich ungewohnt sein. Die Lenkung wird anders reagieren, der Motor muss stärker arbeiten und das Fahrzeug hat weniger Bodenhaftung / Traktion.
Der Fiat Panda 4×4 ist aber noch eins der „echten“ robusten Autos ohne viel Schnickschnack. Er läuft mit Benzin und nachdem das Wasser aus dem Luftfilter raus war sprang der Motor einfach so an und lief wieder !
Der Italiener war mit dem Fahrzeug bestens vertraut und hatte eine sehr gute Ausrüstung dabei: Funk, Navigation, Notrufsysteme, viel Werkzeug. Laut seiner Karte war er mit dem Fiat auf Hochland Strecken unterwegs, die ich als schwierig einstufen würde. Zu recht: Daumen hoch !
Furten im Hochland haben selten Markierungen. Es kann erforderlich sein sich den besten Weg selber suchen zu müssen. Das wichtigste Hilfsmittel ist dabei ein Stock, um die Tiefe vom Wasser abschätzen zu können. Gletscherwasser ist, wie oben auf den Bildern gezeigt wird trübe und undurchsichtig. Das trifft auf die meisten Furten in Island zu.
Unter Wasser können grosse Steine als Gefahr lauern und ausgewaschene Rinnen. Mit einem Stock und einer Begehung kann man am besten abschätzen, ob die Furt für das Fahrzeug machbar ist.
Typisch sind die Steine an der Seite, die sich bei höherem Wasserstand im Untergrund verstecken würden. Diese verraten sich dann nur durch aufspringendes oder aufschäumendes Wasser. Typisch sind ebenfalls die kleineren Ponds, die sich in der Mitte der Fahrbahn gebildet haben.
Ein Fahrzeug würde mittig etwas in ein Becken eintauchen, was aber ungefährlich wäre. Dies ist eine kleine, selbst im gefüllten Zustand immer noch völlig unproblematische Wasserdurchfahrt. Aber am Bild kann man gut erklären, wie viele Furten in Island in etwa aufgebaut sind.
Aber Mal angenommen, so eine Furt wäre ein paar Nummern grösser & hätte viel Wasser mit Seitenströmung … In dem Fall könnte ein kleineres Auto durchaus aufschwimmt, ein wenig abtreiben, auf Steine geraten und stecken bleiben.
Zusammenfassung zum furten – Verhalten im Wasser
Im Fluss niemals den Motor ausschalten und nicht anhalten.
Langsam im ersten oder zweiten Gang fahren. Nicht schalten.
Möglichst mit der Strömung leicht schräg durch den Fluss fahren. Keine Bugwelle erzeugen.
Zielsicher die Ausfahrt ansteuern und (falls vorhanden) Markierungen wie Leinen mit roten Wimpeln folgen.
Nicht auf das Wasser schauen, sondern auf die Ausfahrt.
Achtung: nach dem durchfahren der Furt funktionieren die Bremsen wahrscheinlich leicht eingeschränkt. Das Problem verschwindet von alleine nach ein paar Bremsvorgängen, wenn das Wasser in den Bremsen verdunstet oder abgelaufen ist.
Wenn man sich gut vorbereitet hat, sollte das eigentliche furten unproblematisch sein.
Weiter führende Informationen & Links:
Zum Schluss noch ein wichtiges Anliegen: Bitte mach keine neuen Tracks in die Landschaft. Ein paar phänomenale Island Luftbilder als Appell, onroad auf den offroad Pisten zu bleiben sind hier:
www.25u.de/onroad-auf-islands-4×4-offroad-pisten
Andreas von Reisewut.com hat einen sehr guten Artikel zu Island, Furten und dem Hochland geschrieben:
www.reisewut.com/island-hochland-tipps-planung
Verkehrszeichen in Island: Liste isländischer Verkehrszeichen
Ein Test und Vergleich mehrerer Island Papierkarten ist hier: Island Landkarten
Falls du mit der Fähre Norröna nach Island fahren solltest sind hier alle Infos dazu: Norröna Island Fähre, Anreise, Fährterminal, Deckplan, Buchung
Ich rate dazu, in Island mit Ersatznummernschildern zu fahren, Erklärung dazu ist hier: Nummernschild Kopie
Die Notfall Telefonnummer ist in Island die 112
Verlass Dich bei deiner Planung nicht auf die sogenannten Islandforen. Dort sind häufig Prahler und (selbst ernannte) Furten Experten unterwegs. Die viel kommentieren, aber Island nur aus Kurztrips kennen. Oder nur aus der Perspektive des geduldeten Beifahrers. Belege oder Fotos der geschilderten Heldentaten gibt es von diesen Island Forums Posern natürlich nur selten.
Reiseblogs mit lebhaften Erfahrungsberichten und eigenen Fotos sind eine viel bessere Quelle.
Auf meinen Touren durch Island war mir das „Trackbook Island, 77 Hochland Routen“ von Matthias Göttenauer und Melina Lindenblattein ein wichtiger Begleiter. Ich halte es für unverzichtbar, wenn man in Island unterwegs ist.
ISBN 9783000668401 (4.Auflage von 2022)
Ich kann das obige aus eigener Ansicht/Erfahrung bestätigen.
Landmannalaugar, ein gemieteter Toyota Landcruiser fährt fotogen-schwungvoll gradlinig durch die Furt und säuft zur Erheiterung der Zuschauer ab. Ist halt die Linie die die Busse fahren… Gleiche Furt, ein isländischer Audi 80 mit Anhänger: tuckert im ersten Gang über den flachen Bereich.
Zufahrt Thorsmörk: ich bin da auch vorsichtshalber mal durchgewatet, einmal gegen einen Steinblock von ca. 1m Breite/30-40cm Höhe gelaufen, kein Problem ihn zu umfahren – ob man ggf. im Wasser den Rückwärtsgang einlegen kann = ? … musste ich glücklicherweise mit einem Lada Niva nicht testen.
Danke für diese Zusammenfassung!
An einem Punkt möchte ich Dir jedoch widersprechen. Du schreibst: „Aufgerüstete Super Jeeps haben zusätzlich eine Höherlegung, ein geändertes Fahrwerk, extrabreite Reifen und eine nachgerüstete Reifendruckregelanlage. Manche Strassen sind offiziell nur für diese aufgerüsteten „Mountain Jeeps“ freigegeben“.
Auf road.is heißt es hingegen: Passable with mountain vehicles: This indication is only used when mountain roads and tracks (Sprengisandsleið, road to Laki etc.) have been opened and on roads where it is not advisable to drive normal vehicles.
D.h. jedes 4×4 Fzg. mit hinreichender Bodenfreiheit kann diese Strecken fahren. Idealerweise sollten Untersetzung und Sperren und ausreichende Wattiefe vorhanden sein.
Ich selbst bin mit meinem 7,5t Reisemobil auf MB Vario (4×4) schon auf vielen Hochlandstrecken unterwegs gewesen. Das ist kein „aufgerüsteter Superjeep“ – habe Originalfahrwerk, keine Höherlegung, keine Ballonreifen und auch keine Reifenfüllanlage. Wenn ich eine Strecke nicht fahren konnte, lag es an der Bodenfreiheit (nur 20 cm) und am Gewicht.
Man sollte im Hochland wissen, was man seinem Fahrzeug zumuten kann, aber man muss auch nicht dramatisieren.
In diesem Sinne: Gute Fahrt und immer eine Handbreit Luft unterm Differential!
Moin Christian, ich habs tatsächlich anders aufgefasst. Ich danke dir für deine Einschätzung, vor einer Überarbeitung würd ich gern noch weitere Kommentare oder Ergänzungen abwarten.
oder Du fragst einfach bei Vegagerðin nach. Habe sie bei Anfragen stets als kompetent und freundlich erlebt.
Gleiche Einschätzung. Danke für deine Ergänzung !