Massentourismus / Overtourism in Island

Eine Bildergalerie der negativen Auswirkungen der Tourismus Industrie in Island: Schrottplätze, Aufkleber Spam und Wucherungen der Tourismusindustrie durch Massentourismus. Was passiert, wenn sehr viele Besucher ins Land kommen, die sich möglicherweise nicht immer vorbildlich verhalten. Ich dokumentiere einerseits, wie das Land durch die ganz bewusst so gewollte Tourismusindustrie verändert wird. Andererseits jedoch auch, welchen Einfluss das Konsumverhalten der Isländer selbst hat. Denn Touristen verschaffen den Isländern sehr viel Geld, was wiederum in den Konsum fliesst.

Mir ist natürlich bewusst, dass ich selber Tourist in Island bin und damit Teil des Problems. Aber es ist schon irgendwie interessant zu sehen wie völlig ignorant und unreflektiert manche Besucher aber auch die Isländer selbst sind.

An vielen Stellen weicht das Island Idyll, was in den üblichen, gehypten Internet Blogs oder beknackten Island-Reise-Planungs-Foren gepflegt wird so dermassen eklatant von der Realität ab, dass es eigentlich jedem auffallen muss. Das Gegenteil ist jedoch der Fall: heile Island Welt mit Schafen, Puffins und dem gängigen Feuer & Eis Narrativ.

Einen ähnlichen Artikel mit ebenfalls sehr vielen Bildern hab ich 2022 das erste Mal geschrieben: Auswirkungen vom Massentourismus in Island

Mehr als 10 weisse ISAK Geländewagen in Island
Eine Horde 4×4 Geländewagen der Firma ISAK. Die als organisierte Gruppe im Pulk mit über 20 Fahrzeugen auf einmal unterwegs sind. Hier beim Island Highlight „Geysir“, der auf einer einmaligen Erlebnisreise natürlich unverzichtbar ist. Abenteuer ja, aber bitte nicht allein.

Ich schätze Matthias Göttenauer und Melina Lindenblatt sehr, die mit dem „Roadbook Island“ quasi eine Island Hochland Bibel für Jeep Tracks rausgebracht haben. Matthias ist mir 2024 sogar fröhlich winkend mit etwa 15 Bullis im Schlepp auf der F249 entgegen gekommen.

Aber auf der anderen Seite organisieren Firmen wie seine leider Massentouren mit 15 – 25 Fahrzeugen auf einmal. So hat er eine Island Tour im Programm, bei der 1600 Kilometer in 8 Tagen gefahren werden. Ich sehe diese Form von organisiertem „Abenteuer“ Tourismus in Gruppen wo wie verrückt Kilometer abgespult werden dagegen sehr kritisch.

Organisierte Touristengruppen überlasten einzelne Spots punktuell. Der gefühlte Herdenschutz kann zu Übergriffen verleiten.

Drei Amerikanerinnen am Jökulsarlon mit Eis Brocken
Am Jökulsarlon fotografiert. Das ist ein Bild, was ich jedoch sehr mag !

Die beiden gut gelaunten, amerikanischen Touristinnen sind ein tolles, farbenfrohes Motiv am schwarzen Diamond Beach Sandstrand.

Was ich damit ausdrücken möchte ist jedoch folgendes:

Die Erde wird durch den menschengemachten Klimawandel (Wikipedia) immer wärmer, die Gletscher schmelzen. Das Eis schmilzt, der Meeresspiegel steigt. Wir halten das einfach nur in Selfies fest und tänzeln dazu herum, ohne ernsthaft zu handeln. Niemand beachtet die dunkel heraufziehenden Wolken am Horizont.

Ernster ist dagegen das hier:

Zwei korpulente Personen stehen verbotenerweise mit normalen Anziehsachen in einem Hot Pot in Island
Ohne Dusche und mit den normalen (vermutlich sehr bequemen) Klamotten im Hot Pot. Wenn einem alles scheissegal ist und man nie gelernt hat, sich seine Nahrung einzuteilen.

Dickfällig und völlig ignorant gegenüber den Gewohnheiten und Regeln der Isländer.

Tu sowas bitte nicht, wenn du in Island bist. Hier (link) ist eine perfekte Island Schwimmbad & Hotpot Anleitung.

Aufkleber Spam der First Responder Weingarten in Island
Aufkleber Spam.

Warum ausgerechnet die „First Responder“ (eine Rettungsorganisation) auf die Idee kommen massenhaft Aufkleber an die Leute zu verteilen oder dieses Plastik sogar noch selber in die Landschaft kleben kann ich beim besten Willen nicht sagen. Das ist überhaupt nicht „nett hier“.

Passiert das, wenn man sich einen Defibrillator an den Kopf gehalten hat ? Ich hab die (wirklich höflich, sachlich) mit Foto angeschrieben – keine Reaktion.

Update 24.08.2024: nach etwa zwei Monaten (hää ?) kam doch noch eine Antwort. Die „First Responders“ überdenken ihre Marketingstrategie zur Zeit.

Ein Schild in Island ist durch unzählige Aufkleber unleserlich geworden
Ein ähnlicher Fall. Was auf diesem Schild wohl mal gestanden hat ?
Aufkleber Spam in Island
Oder Hier ? Erneut mit dem beim Aufkleber Spam omnipräsenten „nett hier“ Slogan
Typ beim Wild pinkeln neben einem Dacia Duster in Island
Eine bemerkenswerte Kombination aus Island Besucher und einer ganz bestimmten Sorte Leihwagen. Die Dame hockte etwas weiter links im Gebüsch.

Ich überlege gerade, was schlimmer ist. Wild pissen oder Leute mit einem Anflug von Penisneid beim wild pissen fotografieren ? War zunächst vom Anblick geflasht und hab etwas zu spät den Auslöser betätigt. Der Typ hatte Anfangs einen echt beeindruckenden Strahl.

Aufblasbarer Wikinger in Island vor einem Souvenirgeschäft
Ein aufblasbarer Wikinger mit angedeuteten roten Haren vor einem Souvenirgeschäft. Typisch isländisch ?
Plüsch Puffins mit isländischer Flagge
Oder eher die hier ? Typisch isländische Souvenirs – aus China
Luftbild von einem PKW Schrottplatz in der Nähe von Akureyri
Ein Autofriedhof / wilder Schrottplatz südöstlich von Akureyri, an der Road 76. Schrottautos bis zum Horizont, im Gras versunken.
Luftbild von einem PKW Schrottplatz in in Island in der Nähe von Akureyri road 76
Das hat natürlich nichts mit Massentourismus zu tun. Dokumentiert aber eine völlig Sorglosigkeit gegenüber sich langsam entwickelnden Umweltproblemen. Die irgendwann nicht mehr zu übersehen sind.

Spätestens dann nicht mehr, wenn eine in 100 Metern Höhe fliegende Videodrohne für aussagekräftige Fotos benötigt wird. Das ist nur die eine Hälfte von dem Areal. Es sind in Wirklichkeit doppelt so viele Autos wie hier gezeigt. Beleg für diese Aussage:

Koordinaten: 65.59357,-19.34571 (Google Maps)

Ich kenne etwa drei, vier Plätze in Island mit solchen „Sammlungen“.

Erstens sieht so ein wilder Schrottplatz nicht schön aus. Zweitens können aus den vor sich hin rostenden Autos Betriebsstoffe wie Diesel, Benzin oder Öle auslaufen. Im Winter kaputt frierende Akkus können Schwermetalle wie Blei in die Umwelt freisetzen. Drittens verrosten diese Autos dort einfach, anstatt recycelt zu werden. Das ist alles nicht gut.

Hinweisschild mit sehr vielen Spam Stickern Aufklebern
Noch mehr Aufkleber Spam …

Nur selten ist zu erkennen, worum es den Stickerverteilern überhaupt geht. Auf Fotos ist vor allem die Gesamtheit dieses wuchernden Biofilms aus Plastik zu sehen. Ich musste mir nicht einmal die Mühe machen, alles zu verpixeln um den Leuten keine Plattform zu bieten.

Überall entlang der N1 und in der Nähe von Touristenattraktionen sind Aufkleber. Früher ist den Leuten ein Papiertaschentuch aus der Hose gefallen oder ein Bonbon Papier. Nun ist es überall klebendes Plastik.

5 Reisebusse auf einem Parkplatz in Island
In einem Reisebus haben zwischen 40 und 60 Passagiere Platz. In diesen 5 Reisebussen sind daher rund 250 Personen unterwegs. Das Foto ist bei der Hauptattraktion Gullfoss entstanden, dort habe ich 20 wartende Reisebusse gezählt.
Ein 200 Jahre alter Holzstuhl im Sperrmüll
Ein Fund, der mich besonders traurig gemacht hat. Ein bestimmt 200 Jahre alter, gedrechselter Stuhl aus hartem Tropenholz. Noch mit Holzzapfen und Leim anstatt mit Metallschrauben. Im Sperrmüll, kaputt gemacht.
Boden Erosion in Island als tiefe Rinne
Erosion auf einem Wanderweg. Die Besucher haben eine Rinne getrampelt, die durch Wasser weiter vertieft und ausgespült wurde. Auf dem Weg zum Strutslaug.
Reifenabdruck von einem sehr schweren LKW auf einer Wiese in Island
Tiefe Abdrücke von einem viel zu schweren Reisefahrzeug (18 Tonnen Weltreise Expeditionsmobil) auf einem Campingplatz.

Bei uns in Deutschland hat fast jede Brücke ein Schild, welches das zulässige Gewicht nennt. In Island nicht. Die rechnen anscheinend überhaupt nicht damit, dass man dort mit mehr als einem Camper, Geländewagen oder Trecker herumfährt.

Schotterstrasse mit Abdrücken einer Planierraupe und pinken Blümchen
Spuren einer Baumaschine. Das war aber knapp für die kleinen Blümchen !

Bislang sah es in diesem Artikel so aus, als wäre den Isländern ihre Umwelt ziemlich egal. Es gibt jedoch durchaus positive Beispiele für ein Engagement.

So ist im Fährhafen Seydisfjördur eine neue Fisch Farm geplant, wogegen die Anwohner protestieren. Laut dem Veranstalter sind 75% der Bewohner in Seydisfjördur gegen die geplante Fischfarm und eine dazugehörige Fabrik zur Verarbeitung. Ich hab im Bürgerzentrum folgendes Bild gemacht:

Plakate einer Protestveranstaltung gegen eine neue Fisch Farm in Seydisfjördur Island
Rechts auf dem Bild kann man die Schatten von ein paar der etwa 120 Besucher bei der Versammlung am 12.10.2024 erkennen. Auf dem Foto ist eine symbolische „rote Linie“ aus roten Signalfeuern im Fjord fotografiert worden.

Ich war dort als neutraler Beobachter unterwegs und hätte gern mehr erfahren. Vor allem mit der Gegenseite gesprochen. Aber das war leider kurz vor der Abfahrt.

Meiner persönlichen Meinung nach hält sich die Umweltbelastung durch Fischfarmen oder Fisch Verarbeitungsfabriken halbwegs in Grenzen. Es gibt schlimmeres in Island wie den unsinnigen Walfang, Umweltzerstörung durch Staudämme, fehlende Kläranlagen oder die allgegenwärtigen wilden Schrottplätze.

Wenn man zwischen „Überfischung“ und „einer Fischfarm“ wählen muss ist die Aquakultur (Wikipedia) vermutlich das kleinere Übel. Solange Fischarten gezüchtet werden, die Pflanzen fressend sind und nicht mit Fischmehl (aus Wildfängen) gefüttert werden müssen.

Sich als Bürger zu engagieren und zu organisieren finde ich sehr positiv ! Dort in Seydiusfjördur ist eine sehr aktive Community, die sich für die Umwelt engagiert.

Drei kleine Kinder spielen am Handy
Drei isländische Kinder, die in ein Handy Spiel vertieft sind. Frühe Gewöhnung an ein neues, aufregendes Konsumverhalten.
Zugeparkter Campingplatz in Vik mit unzähligen Fahrzeugen.
Titel von diesem Bild: „selber Schuld“. Ich hatte eigentlich extra am Rand geparkt, um etwas Platz zu haben. Abendlicher Massenandrang auf einem Campingplatz.

Trotzdem war ich am späten Nachmittag komplett eingeparkt. Ein sich farblich deutlich abhebender DAF Exot inmitten von Pössln, Indiecampern und Weinsbergern. Rechts von Truck ist normalerweise eine breite Zufahrt und alles frei, aber dort standen Abends lauter gemietete Camper Kastenwagen in vierter Reihe neben mir. Insbesondere die Campingplätze in der Nähe der Ringstrasse N1 sind Abends komplett überlaufen, so wie hier in Vik.

Nicht immer zahlen die Gäste. Um 22:30h anreisen und um 6:30h abzischen habe ich oft beobachtet bzw bin vom Motorengeräusch morgens kurz aufgeschreckt.

nachdenkliche Person mit Puffin Mütze
Ich, mit Puffin Hut. Resignation & Erklärung der bedingungslosen Kapitulation !

Am Anfang meines Island Aufenthalts im April begonnen und im November 2024 fertig geschrieben.

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