Karosta, der Kriegshafen von Liepaja

Karosta, lettländisch für Kriegshafen, liegt direkt oberhalb von Liepaja an der Ostseeküste. Diese 1890 gegründete „Stadt in der Stadt“ war nur dem Militär zugänglich und hermetisch abgeriegelt. Bis zum Abzug der Sowjets lagen hier Atom U-Boote und Kriegsschiffe. Der Hafen Karosta war der wichtigste Stützpunkt für die sowjetische Ostseeflotte.

Heute, nach dem Ende des Kalten Krieges und dem Abzug der Russen 1989 nagt der Zahn der Zeit an den hinterlassenen Gebäuden. Die Bunker sind bei Sturmfluten grösstenteils ins Meer gerutscht. Plünderer und Sprayer haben alles zerstört und verunstaltet, was nicht explizit irgend jemanden gehört. Ein klassischer Lost Place daher. Trotzdem gibt es noch genug zu entdecken.

Ich mehrere Tage dort verbracht, um in den verlassen ex-Militär Gebäuden herumzustöbern. Der Ort ist einmalig und man kehrt mit unvergesslichen Eindrücken zurück.

Schief stehender und stark korrodierter Bunker in Karosta, der ins Meer gerutscht ist.
Dieser ins Meer gerutschte Bunker hat gewissermassen einen Prominenten Status. Er ist auf unzähligen Bildern aus Karosta zu sehen.

Ein Relikt des Kalten Krieges. Dieser Bunker starrt einen aus leeren Augenhöhlen an, wenn man dort am Strand spazieren geht.

Bunker der Küstenbefestigung in Karosta
Die meisten Geschützstellungen sind zerbröselt und ins Meer gerutscht.

Karosta war nicht nur Hafen, sondern auch Versorgungsstützpunkt und Depot. Im Hinterland sind unzählige Lagerhäuser und teilweise unterirdische Bunker errichtet worden, von denen einige noch zugänglich sind.

Zugewachsener Eingangsbereich von einem Bunker, der unter der dichten Vegetation nur zu erahnen ist.
Einer der inzwischen völlig zugewucherten Bunker.
Vom Tageslicht erhellter Eingang von einem Bunker in Karosta. Blick nach draussen ins Tageslicht.
Nur spärlich dringt Tageslicht in den engen Eingang hinein.

Einige dieser Bunker waren bis zu den Eingangstüren mit Sand verweht und nicht zugänglich. Innen, im Bunker selbst, war daher seit Jahrzehnten niemand mehr. In der Nähe vom Strand sind Bunker im Erdreich, von denen nur noch die Entlüftungen zu sehen sind. Komplett im Sand versunken. Dort wartet sicherlich noch die eine oder andere spannende Entdeckung im Untergrund.

Unterirdischer Bunker in Karosta, der von einer einzelnen Taschenlampe erleuchtet wird.
Meine Taschenlampe erleuchtet einen der unterirdischen Bunker. Die Tür ist im Hintergrund gerade so zu erahnen, die Deckenhöhe schätze ich auf 10 – 12 Meter. Eine unterirdische Kathedrale aus der Sowjet Zeit.
Sumpfgebiet in Karosta. Junge Bäume wachsen in einem überfluteten Waldgebiet
Ein Grossteil der ehemaligen, militärischen Stadt steht unter Wasser. Die Natur hat sich alles zurück erobert.
Grüne Bäume wachsen in einer Ruine aus rotem Backstein
Im Hafen sind unzählige Lagerhäuser, in rotem Backstein erreichtet und leider in einem beklagenswerten Zustand. Die meisten sind im „kommerziellen“ Bereich des nach wie vor genutzten Hafens und darum nicht zugänglich.
Verfallene Turnhalle Manege in Karosta, ein roter Backsteinbau ohne Dach
Die „Manege“. Eine ehemalige Turnhalle. Nur noch die Aussenwände trotzen den Jahreszeiten.
Luftbild der Kathedrale von Karosta mit goldenen Kuppeln
Da glänzt doch etwas ? Gold ? Karosta besitzt sogar eine Kathedrale !

Die Militärstadt war weitesgehend autark und hatte eine eigene Energieversorgung, eine eigene Post und eine eigene russisch orthodoxe Kirche bzw Kathedrale. Wikipedia meint zu Karosta: die grösste im Baltikum.

Jesus Kreuz mit brennenden Kerzen in eder Kathedrale von Karosta
Mit zwei nervigen russischen Nonnen, die dort für Zucht und Ordnung sorgen. Als ich lässig die Beine übereinander geschlagen hab gab es sofort einen Anpfiff. Ich hab erst nach längerer Zeit / Erklärungen kapiert, was ich überhaupt falsch gemacht hab und Englisch konnten die beiden natürlich nicht. Wie in einem Gulag !

Sehr schön ansonsten, wenn auch etwas unaufgeräumt. Komischerweise mit Stühlen und Tischen wie in einem Restaurant. Picknick ?

Im Militärgefängnis

Zum Glück ist das Militärgefängnis inzwischen ein Museum. Der Sowjetknast wurde bis 1992 betrieben, was sich aus eingeritzten Botschaften der Gefangenen an den Wänden ablesen lässt. Von aussen sieht der Backsteinbau mit seinen roten Ziegeln hübsch aus. Innen drin war jedoch eine dunkle Hölle – ohne entrinnen.

Militär Gefängnis Karosta, schwarzer Gang mit Zellentüren
Unbeheizte Zellen, alles schwarz. Dem vernehmen nach mit unerbittlichen sowjetischen Kerkermeistern. Der Knast ist praktisch im Originalzustand erhalten ! Er wurde fast 100 Jahre lang abwechselnd von den Lettländern, den Nazies und den Sowjets zweckgebunden benutzt. Je nach dem, wer gerade das Sagen im Land hatte.
Militär Gefängnis Karosta, Detail einer schwarzen Tür mit der Aufschrift Kameran37
Eine der Türen aus solidem Eisen. In dem Gefängnis wurden vor allem Matrosen eingesperrt, oft wegen irgend einer Lappalie. Eine Menschenleben hatte in der Sowjetunion keinen Wert.
Militär Gefängnis Karosta, in die schwarze Wand geritzte Namen
Eine der Zellenwände mit eingeritzten Innschriften. Neben Namen hab ich noch einen eingeritzten Kalender entdeckt. Die Zellen im Knast waren typischerweise überbelegt und ohne jeglichen Komfort.

Webseite: https://karostascietums.lv (Führungen auf Englisch und Russisch)

Innenansicht einer Zelle im Gefängnis von Karosta mit Holz Pritsche

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