Insel Campingplatz Lühesand. Im Elbe Strom, unter Strom, ohne Strom

Nordwestlich von Hamburg wartet ein verwunschener Campingplatz auf Entdecker. Der Campingplatz Lühesand lässt sich nur mit einem Boot erreichen und liegt mitten im Strom der Elbe. Die Insel ist einerseits klein und sehr abgeschieden, gleichzeitig zieht jedoch der gesamte Schiffsverkehr vom Hamburger Hafen an einem vorbei. Ich wüsste keinen Platz, von wo aus man direkt vom Fahrzeug aus besser Schiffe beobachten kann – ohne von einem Deich in der Sicht behindert zu werden. Den Stellplatz direkt am Wasser passieren Mega Containerschiffe, Kreuzfahrtschiffe, Schlepper, Stückgutfrachter und Sportboote in wenigen Metern Abstand. Es wird tagsüber nie langweilig, die Seeschifffahrt zu beobachten.

Die Anreise mit einem Fahrzeug muss man etwas planen, da die kleine Fähre von Holger Blohm (0178-3508137, tagsüber, Stand der Information Mai 2022) nur bei Hochwasser fahren kann. Bei 7,5 Tonnen ist Schluss und das Übersetzen lohnt sich nur, wenn man ein paar Tage bleibt. Ein kleineres Boot nur für Passagiere fährt dagegen unabhängig vom Wasserstand, etwa alle zwei Stunden. Auf der Insel gibt es ein kleines Ausflugslokal, was Klassiker wie Currywurst-Pommes und Kaffee & Kuchen im Programm hat. Elektrischen Strom hat der Platz nicht, was mich mit meinem voll autarken Fahrzeug aber nicht weiter gestört hat. Viele Dauercamper mit teilweise sehr liebevoll gebastelten Caravan Erweiterungen behelfen sich mit Solarzellen. Akkupacks kann man zur Not bei den Toiletten laden.

Dusche & Klo sind veraltet, sind aber sauber und funktionieren zufriedenstellend. Echte Camper werden sich daran nicht stören, denn dafür ist das Wasser der Dusche richtig heiss – und ohne Münzeinwurf. Auf der ganzen Insel sind traumhaft viele Zeltmöglichkeiten mitten in der grünen Natur vorhanden, ohne Nachbarn.

Für Kinder ist Lühesand im Sommer mit seinen vielen Kletterbäumen und Versteckmöglichkeiten sicherlich ein Paradies.

Mein Stellplatz – direkt an der Elbe mit unverstelltem Blick auf den regen Schiffsverkehr. Ich hatte den Truck so geparkt, dass ich vom Bett aus bequem Flussaufwärts und Flussabwärts gucken konnte.
Schiffe beobachten als gemeinsames Hobby, das ist die Hauptattraktion auf Lühesand.
Hier ist die Yang Ming auf dem Weg zum Hamburger Hafen.
Die Ever Given zieht an mir vorbei. Heutige Mega Containerschiffe wie die von Evergreen sind 400 Meter lang, haben einen Tiefgang von 15 Metern und transportieren über 20.000 Container. Die Ever Given ist berühmt berüchtigt, da sie sich 2021 im Suez Kanal quer gestellt hatte. Die für den Welthandel wichtige Verbindung zwischen dem Mittelmeer und den roten Meer war tagelang blockiert und das Schiff wurde erst nach einer Zahlung in Millionenhöhe freigegeben. Ausser der Ever Given hab ich noch die Astrosprinter entdeckt, welche eine Kollision mit dem daraufhin sinkenden Traditionsschiff No.5 Elbe nicht verhindern konnte. Eines Abends ist die AIDAluna an mir vorbei gefahren – von diesem Kreuzfahrtschiff ist damals der wahnsinnig gewordene Daniel Küblböck in den viel zu kalten Nordatlantik gehopst.
Der unter niederländischer Flagge fahrende Traditionssegler Mare Frisium vor einem der Freileitungsmasten der Insel Lühesand. Am Wochenende lässt sich ausserdem die Greundiek beobachten, die dann für kleine Ausfahrten auf der Elbe gechartert wird.
Zwei markant rot und weiss gestrichenen Freileitungsmasten sind das Wahrzeichen der Insel Lühesand. Zwei Gegenstücke dazu befinden sich auf dem östlichen Ufer der Elbe. Über die Insel laufen eine 220 KV und eine 380 KV Drehstromleitung. Auf dem Campingplatz ist man daher mitten im Strom der Elbe, unter 380KV Strom Leitungen – aber auf den Stellplätzen ironischerweise ohne Strom Anschluss.
Die Spazierwege auf Lühesand waren schnell alte Bekannte. Nach einigen Tagen sind mir interessante Details aufgefallen wie dieser trockene Ast, der sich im Wind an einer Betonwand abgearbeitet hat.
Ostersonntag treffen sich alle Dauercamper und viele Tagesgäste zum abendlichen Osterfeuer auf Lühesand. Abends hab ich Fledermäuse beobachtet. Wo die nisten hab ich aber nicht herausgefunden.
^^ Überraschung auf dem Weg zur Dusche, kurz vor Mitternacht: im Gebüsch trällert eine Nachtigall
Die Gezeiten als ständiger Begleiter. Hier ein Foto bei Niedrigwasser, im Hintergrund die im westlichen Fahrwasser parkende Fähre …
… und Lühesand bei Flut. Beide Bilder wurden vom kleinen Fähranleger aus gemacht.
Die kleine Fahrzeugfähre vom Fährmann Holger Blohm. Für das Übersetzen hab ich 2x 25 Euro = 50 Euro bezahlt. Für den Stellplatz (ein Fahrzeug, eine Person) waren es im April 2022 sehr faire 11 Euro pro Nacht.

Alles in allem ein interessanter und ungewöhnlicher Campingplatz, der beides hat: tolle Natur und einen spannenden Blick auf die durchgetaktete und gut geschmierte Schiffslogistik in Deutschland. Abends war es als Alleinreisender dann aber doch etwas langweilig. Ich war eine ganze Woche auf Lühesand und nach Ostern war ich der einzige Gast auf dem Stellplatz. Da hätte ich Mal an ein Filmarchiv oder eine Spielkonsole für etwas mehr Abwechslung denken sollen.

Informationen über Wetter, Pegelstände und besondere Schiffsbewegungen gibt es stündlich über den Seefunk Kanal 68. Gelegentlich schnacken die Schiffsbesatzungen auf Kanal 15 untereinander. An der Stelle hat sich das Baofeng Handfunkgerät erneut bewährt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert