Orgosolo hat eine wechselhafte Geschichte. Der hoch im Supramonte Gebirge gelegene, kleine Ort war in der Vergangenheit Schauplatz für blutige Familienfehden und Ausgangspunkt von Raubzügen in der Umgebung. Orgosolo hatte zu Recht den Ruf des banditenreichsten Ortes in Sardinien. Dementsprechend heftig waren die Repressalien des Staates, was aber eher zu einer Schikanierung der ganz normalen Bevölkerung geführt hat.
Zum Glück hat die rebellische Ader der Bewohner ein Ventil gefunden. Zahlreiche, meist sehr politische Wandmalereien verschönern das Dorf und geben Orgosolo ein einmaliges, revolutionäres Flair. Die Malereien thematisieren Armut, die Folgen des Krieges und die der vielen Konflikte auf unserer Erde. Viele Bilder halten auch einfach nur das Leben der Bewohner in einem Schnappschuss fest. Das ganze fast immer im Stil des Muralismo.
Anstatt auf der Hut vor Räubern zu sein – bewundern die Touristen nun unzähligen Murales, wie die Wandmalereien genannt werden. Und stärken mit einem Besuch der Cafes, Restaurants und Souvenirläden die lokale Wirtschaft. Viel besser, als einen grossen Bogen um das Dorf zu machen.
Da die Wandmalereien das ganze Jahr zu sehen sind lohnt sich ein Besuch, um schlechten Wetter auszuweichen. Oder um der Hitze eines überfüllten Strandes in die kühlen Berge zu entfliehen.
Ich würde mir diese Form des Protests auch für Deutschland wünschen. Auf wichtige soziale Themen oder auch Streitthemen wird so bunt aufmerksam gemacht und originell protestiert. Leider läuft es in meiner Heimatstadt Hannover ganz anders. Dort marschieren die Bürgerlichen bei Demonstrationen wie angebundenes Vieh dem schwarzen, vermummten Antifa Block hinterher. Protest bedeutet bei uns, sich die Haare grün zu färben, herumzukrakelen, sich irgendwo festzukleben oder etwas zu beschmieren. Das macht durchaus auf Probleme wie zu viel Verkehr oder Umweltzerstörung aufmerksam, aber die Sympathien der ganz normalen Bevölkerung verspielt man sich damit. Die muss nämlich zum Einkaufen, zur Arbeit oder hat Termine und steht dann frustriert im Stau der Klimakleber.
Letztendlich hat die Umweltbewegung bei uns rein gar nichts erreicht. Der VW Clean Diesel Skandal ist in Amerika aufgedeckt worden. Bei uns haben sich alle nur über die schlechte Luft in den Städten gewundert. VW hat angefangen, halbwegs vernünftige Elektro Autos zu bauen, weil Tesla das erfolgreich getan hat. Und: weil das kommunistische Land China angekündigt hat, demnächst keine Verbrenner mehr zuzulassen und das für VW ein wichtiger Absatzmarkt ist. So läuft es in der Wirtschaft. Konzerne wie Tesla, VW oder Mercedes bestimmen letztendlich, was der Verbraucher kauft.
Und was die Politik zur Erfüllung dieser Wünsche (z.B. Marktabschottung durch Normen) veranlassen soll. Schon gar nicht irgend welche Klebstoffaktionisten. Nebenbei gesagt auch nicht die Grünen, denn die sind sowieso immer gegen jede Veränderung und für den Rückschritt in eine vegane, imaginäre Bio Idylle.
Der Mensch möchte Fisch sein und Vogel
Pablo Neruda (1904-1973), Chilenischer Dichter & Literaturnobelpreisträger
die Schlange hätte gerne Schwingen
der Hund ist ein fehlgeleiteter Löwe
der Ingenieur wäre lieber Dichter
die Fliege übt den Flug der Schwalbe
der Dichter eifert nach der Fliege
nur die Katze will nichts als Katze sein.
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