Auswirkungen vom Massentourismus in Island

Island, das ist Traumziel für viele Menschen, die Gletscher, Puffins, Wale und Vulkane hautnah erleben möchten. Dieser Wunsch wird geschickt vermarktet („Insel aus Feuer und Eis“) und das ganze in Bausteinen verkauft. Diese bestehen aus Busreisen zu den Hauptattraktionen, organisierten Gletschertouren oder Mietwagenpaketen für Camper. Ein solchermassen organisierte Massenandrang setzt das Ökosystem und die Besucher in Island gleichermassen unter Stress. Genau das Gegenteil von dem, was vermutlich geplant war.

Eigentlich hab ich gar keinen Bock, den Zeigefinger zu heben und damit auf irgendwen zu zeigen, den Schuld sind wir alle. Ich auch. Mein LKW hat keinen Russfilter, ebenso wenig wie Flugzeuge oder Kreuzfahrtschiffe. Alle drei genannten Transportmittel zählen nicht gerade zu den saubersten und sparsamsten Verkehrsmitteln und verkokeln fossile Treibstoffe. Ich war Teil der Menschenmengen am Jökulsarlon und ich war sogar zwei mal beim Geysir.

Einerseits sorgen die Touristen für Stress. Andererseits sind Touristen ein wesentlicher Faktor, mit ihren Ausgaben die Wirtschaft Islands am laufen zu halten. Schwierig, da eine Balance zu finden.

Ein paar nicht so schöne Seiten vom Massentourismus hab ich trotzdem in diesem Artikel zusammen gefasst. Das sind (neben vielen wirklich tollen Erlebnissen) die negativsten Eindrücke, die ich innerhalb von vier Monaten in Island gesammelt hab. Ich war mir unsicher, ob ich überhaupt etwas dazu schreiben soll. Umweltbelastungen in Island sind schon in soooo vielen Artikeln thematisiert worden. Kommt das daher nicht schon wieder zu blöd oder zu moralisch, besserwisserisch, oberlehrerhaft rüber ? Vermutlich schon. Da kann man ja gleich eins der bescheuerten Islandforen aufsuchen.

Auf der anderen Seite finde ich meine Bilder trotzdem ganz aufschlussreich. Vielleicht interessiert es ja doch Mal jemanden. Also aufi, los geht’s zu ein paar Problemen:

Parkplatz mit sehr vielen Autos vor einem Wasserfall in Island
Autoschwemme an einem der vielen, stark besuchten Wasserfälle im Süden. Gut erreichbar auf dem Auto, wenn man 7 Tage Island gebucht hat. Raus, Foto, rein, weiter.
Eine vor Müll überquellende Spendenbox des Nationalparks in Island
Eine vor Müll überquellende Spendenbox

Ein kleiner Lichtblick: im Vergleich z.B. zu Italien ist die allgemeine Mülldisziplin in Island eigentlich ziemlich gut. Es fliegt vergleichsweise eher wenig Verpackungs und Plasikmüll in der Landschaft herum.

Eine Wandergruppe mit etwa 30 Teilbnehmern geht in Landmannalaugar Island spazieren.
You never walk alone – Landmannalaugar
Vier Touristen fotografieren in Latrabjarg einen einzelnen Papageientaucher
Such den Puffin, in Latrabjarg. Die Puffins dort wissen allerdings, was läuft und halten still.
Ein Touristenbus, der mit The Plane Wreck Shuttle beschriftet ist parkt hinter einen Übersichtsschild. Auf dem hinteren, linken Reifen hat der Bus zu wenig Luft. Das Schild mit Hinweisen in Isländisch, Englisch und Chinesisch ist mit zahlreichen bunten Aufklebern beklebt.
Entweder Massenwanderung oder Shuttleservice zu „dem Flugzeugwrack“.
Rest von einem Flugzeugwrack am Südstrand von Island mit vier Touristen.
… von dem nicht mehr viel da ist.
Eine Gruppe Touristen hält Handies hoch, um im richtigen Moment ein Foto zu machen.
Massenandrang am Geysir, um „das Foto“ zu machen. Wenn er ausbricht.
Sieben Landrover Geländewagen auf einer grauen Piste, um die Fahrzeuge laufen Personen herum.
Ein Pulk Landrover sorgt auf einer komplett durchorganisierten Tour für etwas Rushhour Richtung Hochland
Ein Pärchen steht hinter einer Absperrung aus einem Seil und wird von einer dritten Person fotografiert. Im Hintergrund ist der Dettifoss Wasserfall in Island.
Am Dettifoss. Absperrleinen und Regeln – wozu ?

Oft nervt die Unvernuft der Leute ganz gewaltig. Zwanghafte „frei steher“ zum Beispiel. In Flokalundur hab ich auf einem Campingplatz gestanden, um abends von dort aus einen Dacia Duster mit Dachzelt zu beobachten. Das Pärchen ist in jeden Feldweg hinein und hinaus gefahren, um einen Schlafplatz zu suchen. Gefunden haben sie ihn dann vor dem Wochenendhaus eines Isländers, dort war ich kurz vorher noch spazieren gegangen.

Ich so in Gedanken: „man Leute, was soll das denn jetzt. Der Campingplatz ist kaum belegt, kosten nur 1500 ISK und die Dusche ist ohne Münzeinwurf. Unten ist ein Hotpot an der Strasse und wenn ihr wollt sogar ein Restaurant. Und ihr kackt jetzt hinter dem Ferienhaus in die Büsche“.

Eine Reisegruppe steht vor der Grjotagja Höhle in Island Schlange, um diese zu besuchen. Rechts parkt ein weisser Reisebus von VDL.
Die Serie Game of Thrones haben Millionen von Leuten gesehen. Das sorgt für volle Busse, um die Originalschauplätze zu besuchen. Hier die Grjotagja Höhle, wo ein paar Minuten der Serie abgedreht wurden. Den Wasserfall gibt es nicht, das war CGI. Ungefähr 3000 Rezensionen bei Google. Wahnsinns Massengeschäft.
Diamond Beach Strand am Jökulsarlon in Island mit fotografierenden Touristen und angeschwemmten Eisbrocken. Im Hintergrund ist das Meer und blauer, wolkiger Himmel.
Gibt es mehr Eiswürfel oder mehr Touristen am „Diamond Beach“ vom Jökulsarlon ?
Sieben Touristen posieren am Diamond Beach Jökulsarlon für ein Handy Foto vor einem zwei Meter hohen Eisblock.
Ein wichtiger Moment wird auf der Geysir-Jökulsarlon-BlaueLagune Rundtour festgehalten.
Ein Mann läuft mit einer Kamera mit ausgefahrenem Zoom Objektiv vor dem Gesicht am Diamond Beach  Jökulsarlon Island entlang.
Strandläufer
Roter Briefkasten mit unzähligen Aufklebern
Ein nicht mehr als solcher zu erkennender Briefkasten
Türkiser Reisebus, aus dem neun Touristen ausgestiegen sind, Diese laufen bei starkem Wind um den Bus herum. Ein Tourist asiatischer Abstammung zeigt begeistert auf etwas.
Immer noch eines meiner Lieblingsbilder. Vor nicht einmal 5 Minuten war es dort oben auf dem Parkplatz der Vogel Beobachtungsstation ruhig und still. Nun ist ein Kreuzfahrtschiff Touristenbus aufgeschlagen, um ausländische Touristen auszuspucken. Es ist trubelig, der bunte Trupp rennt wild durcheinander. Auf jede noch so kleine Erhöhung wird zur besseren Übersicht draufgestiegen. Einer der Bustouristen zeigt mit der Begeisterung eines nordkoreanischen Nachrichtensprechers auf eine nahe Attraktion. Nach 20 Minuten war der Spuk vorbei und die Gruppe wieder abgefahren.

Wilde Müllkippen & Schrottplätze in Island

Ein silbernes und ein rotes Fahrzeug Wrack ohne Reifen in Island. Im Hintergrund ist eine Bucht und hohe, dunkle, in den Wolken verschwindende Berge.
Räumt das vielleicht Mal jemand weg ?

Ein Thema, zu dem ich überhaupt nichts gefunden habe sind die vielen, wilden Müllkippen in Island. Das kann ich bei der Gelegenheit gleich mal mit abhaken. Island ist voll mit Schrottplätzen. Kaputte Trecker, unbrauchbare Trailer, ausgediente Baumaschinen und unzählige Autos stehen bis zu den Achsen im Matsch und rosten vor sich hin.

Schrottplatz in Island mit aufgegebenen Fahrzeugwracks ohne Reifen und mit zerstörten Fensterscheiben
Ein weiterer, wilder Schrottplatz
Zwei alte Trecker und ein blauer Toyota Corolla ohne Nummernschild parken vor einem leer stehenden Haus.

Den Isländern ist es sehr wichtig, dass niemand irgendwo hinpinkelt. Umweltrisiken inkontinenter Schrottfahrzeuge mit Treibstoffen und Ölen werden dagegen nicht wahrgenommen oder verdrängt.

Schrottplatz in Island mit rostigen Metallteilen, Blei Batterien, Fässern und aufgegebenen Baumaschinen und einem gelben Container.
Aufgegebene Baufahrzeuge, Blei Batterien, Tanks mit dubiosem Inhalt. Das wird alles der Korrosion und dem Zufall überlassen. Die Geo Koordinaten hab ich in den hochgeladenen Bildern drin gelassen !

Umweltbelastung durch Grossprojekte, Staudämme und Bauvorhaben

Dazu bin ich unentschlossen. In Island wird die Landschaft durch Staudämme nachhaltig verändert. Einerseits ist das ein schwerer Eingriff in die Natur, andererseits wird durch Wasserkraftwerke nachhaltig Strom erzeugt.

Nachhaltig & Nachhaltig, daraus muss ich eines Tages nochmal irgend ein Wortspiel basteln.

Island kann auf den Import von Gas & Rohöl weitesgehend verzichten. Diese beiden Rohstoffe werden bei uns in Deutschland zur Energiegewinnung verbrannt, was die Atmosphäre aufheizt. Und es ist ein Grund für Konflikte & Kriege in der Welt.

Glatte Betonwand von einem Stausee.
Schon etwas merkwürdig, dass in den isländischen Revolverblättern ständig die Touristenkarte gespielt wird mit Leuten die nicht auf der Piste gefahren sind oder irgendwo hingepinkelt haben. Grossprojekte wie Staudämme werden selten kritisiert oder diskutiert.
Baufahrzeuge bohren im Kerlingarfjöll  nach heissem Wasser
Nach (unbestätigter) Auskunft des Rangers ist das Kerlingarfjöll Mountain Resort von der gleichen Gruppe gekauft worden, die schon die Blaue Lagune betreibt. Im Moment sind dort massive Bauarbeiten und es wird nach neuen, warmen Quellen gebohrt. Es ist absehbar, dass hier eine weitere Mega Attraktion entsteht, für ganze Buslandungen Touristen von Kreuzfahrtschiffen. Ich rechne damit, dass die löchrige 35 daher in den nächsten Jahren ausgebaut wird, um sie ganzjährig mit Bussen befahren zu können.

Teil 2, bei meinem Besuch 2024 geschrieben: Massentourismus in Island

4 Kommentare

  1. Bitte lass die Fotos drin. Sie gehören zur Wirklichkeit. Danke für Deine tolle Seite, freu mich so sehr, dass sie ohne Werbung ist. MEGA

  2. Ich überleg nach einigen Jahren Abstinenz mal wieder nach Island zu fahren – deine Fotos sind deutliche Erinnerung die Hauptrouten zu meiden, Nebensaison nutzen. Gab auch mal eine Reportage im NDR dazu, hab ich angesehen und gelöscht, zu deprimierend.

    Wir sind halt leider Teil des Problems, unökologisch, resourcenverbrauchend. Aber wie beim Rauchen ist das einzige valide Argument: Ich reise gern.
    Was den Autoschrott etc. betrifft – gehört für mich zu isländischen Bauernhöfen wie ein Misthaufen. Es ist ihr Land, viel Platz, die Sander werden es schon zudecken.
    Und: Kompliment für deine Webseite, informativ, kompakt, hab heute länger gestöbert.

    1. Danke für das Kompliment, freut mich ! Hmm jaa, ich war nicht sicher, ob ich die Fotos veröffentlichen soll oder nicht. Kommt irgendwie nörgelig rüber und das ist eigentlich nicht meine Art. Auf der andere Seite hab ich viele Artikel online, die meinen absolut positiven Eindruck von Island dick unterstreichen. Von daher: release.

      Ich schätze, September & Oktober ist die ideale Reisezeit für Island. Weniger los, immer noch genug abseits zu entdecken, Hochland höchstwahrscheinlich noch offen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert