Island im Mai 2022 – das blaue Eis der Ostküste

Island war seit meiner Kindheit ein Sehnsuchtsziel. In meiner Vorstellung war Island die Insel der feuerspeienden Vulkane und des ewigen Eises. Die Isländer haben Glück, das Vulkanausbrüche im Abstand von Jahrzehnten statt finden und abgesehen von Sachschäden meist glimpflich verlaufen.

Im Osten der Insel kommt man dem ewigen Eis jedoch ganz nah – und durchfährt schroffe Landschaften, welche die Gletscher geformt haben. Im Gegensatz zu den Färöer Inseln zeigt sich Island zugänglich: von der Ringstrasse zweigen viele Schotterpisten ab, auf denen sofort offroad feeling aufkommt. Wanderern stehen kaum Verbote, Zäune und Privatbesitz im Weg und frisches Wasser gibt es überall.

Frei stehen ist im Bereich der Ringstasse eher kritisch, man begegnet überall Verbotsschildern. Zu viele Campervans ohne Klo und Mülleimer haben sich hier daneben benommen. Selbst komplett ausgebaute Fahrzeuge für Langzeitreisen, die neben einer Toilette über einen Tank für Abwasser verfügen werden inzwischen auf Campingplätze verwiesen. Immerhin ist diese Infrastruktur durchaus bezahlbar, reichlich vorhanden und mit richtig heisser Dusche und Stromanschluss natürlich sehr komfortabel.

Island im Sommer: das hat gleich zwei Vorteile. Erstens friert man nicht so, logisch, was mir persönlich sehr wichtig ist. Zweitens ist es ewig hell. Man kann bis spät Abends etwas unternehmen und Strom steht über die Solarzellen praktisch unbegrenzt zur Verfügung.

Nach Nordlichtern hält man im Sommer allerdings vergeblich Ausschau. Ein paar Eindrücke:

Das schroffe Island, in der Nähe vom Ankunftshafen Seydisfjördur. Ich war auf der 939 unterwegs. Im Mai ist Island noch von viel Eis bedeckt und die Strassen im Hochland sind gesperrt.
Eine Trupp Chinesen ist auf dem Parkplatz aus einem Kleinbus gequollen. Sofort wird die Landschaft, der Himmel, die anderen Chinesen, der Truck, die Küste, das Meer und sich selbst mit dem Handy fotografiert. Gegen Fotos von meinem Truck habe ich grundsätzlich nichts einzuwenden und die beiden hatten nicht nur Spass, sondern auch grosse Eile das Ereignis DAF T244 festzuhalten. Um wiederum von mir fotografiert zu werden. Tatsächlich sind asiatische Reisegruppen von allen organisierten Gruppenreisenden aber am respektlosesten.
Ein stürmischer Tag bei Lækjavik. Gottesanbeterinnen gleich wird von ein paar Touristen das Handy Wind, Wellen und Wetter präsentiert. Sturm, an diesem weit im Norden liegenden Küstenabschnitt. Die Luft war erfüllt von Gisch und vom Rauschen der hereinbrechenden Wellen.
Der erste Frühlingsgruss.
Frost, Wasser und Wärme haben angefangen, einen Stein zu zerbröseln.
Hier bin ich bei Angelika eingeladen, es gibt Kohlsalat und schwarzen Tee. Angelika hat sich selbst aus der Sklaverei befreit, ihren gesamten Besitz verkauft und tourt nun in einem ausgebauten VW T5 durch die Welt. Unabhängig und ziemlich unternehmungslustig ! Und meist recht vergnügt, wie man sieht. Wer bei Instagram einen Blick auf ihre Unternehmungen werfen will: Angelika.Langhammer
Parkplatz etwas abseits vom Touristenrummel. Die Campingplätze an der Ringstrasse sind Anfang Juni bereits gut besucht. Wer die Einsamkeit liebt sucht sich eine mit 4×4 markierte Piste und stellt sich an einen See. Ich hab – peinlich genau – darauf geachtet, nicht versehentlich auf Flächen mit Moos zu fahren.
Unterwegs auf der F985

Die F985 zweigt von der Ringstrasse ab, als F-Strasse ist sie ausdrücklich nur mit echten Geländewagen befahrbar. Nicht mit dem City-SUV. So weit ich weiss, ist die F985 die einzige Möglichkeit in Island, oberhalb vom Gletscher zu gelangen. Alle anderen Pisten führen immer nur zu den Gletscherzungen und Gletscherseen.

Etwa bei den Koordinaten 64.224, -15.693 ist der Einstieg. Furten hat die Piste zwar nicht, aber die Strecke ist anspruchsvoll. Im Mai war der Weg rutschig und leicht vereist. Es gibt unzählige Schlaglöcher, ausgewaschene Längsrinnen und mehrere Steigungen um 30% herum – in engen Kurven. Absperrungen gibt es nicht und es liegen vom Hang herabgerollte, faustgrosse Steine herum.

Der DAF T244 ist da einfach so ganz gemütlich im zweiten Gang hoch und wieder runter gefahren, auf die Geländeuntersetzung und die Mitteldifferentialsperre hatte ich dabei sogar verzichtet. Ohne Allrad, grobstollige Reifen und Bodenfreiheit geht dort oben aber nichts. Die Isländer fahren dort am Rand des Gletschers ausschliesslich mit gepimpten Heavy Duty Jeeps herum.

Auf dem Gletscher gibt es geführte Wanderungen, Trips mit Schneemobilen sind ebenfalls buchbar. Etwas später hab ich dort eine Touristengruppe beobachtet, die mit einem Bandvagn unterwegs war.
Oberhalb vom ewigen Eis. Naja fast, der Klimawandel findet tatsächlich statt. Das kann hier mit eigenen Augen beobachtet werden, früher reichte der Gletscher nämlich über die Berge hinweg bis zum Meer. Derzeit blickt man auf ihn hinunter. Es wird wärmer, das Eis schmilzt.
Mein Nachtlager. Um den Wind dort oben etwas abzufangen hatte ich mich direkt neben einen blauen Trecker, ehemals aus Bayern, gekuschelt. Rechts im Bild ist der Gletscher.
Am Jökulsarlon und dem Diamond Beach 

Okay, touristischen Vollprogramm, mit Reisebussen, randvoll beladen mit Touristen. Und der Instagram taugliche Modename „Diamond Beach“ ist für den schwarzen Strand vom weniger gut aussprechbaren Jökulsarlon natürlich hängen geblieben.

Den Jökulsarlon ist ein durchorganisiertes Touristen Spektakel mit Bootstouren, riesen Parkplatz für Reisebusse, Restaurant und allem drum und dran. Trotzdem muss man dort gewesen sein, finde ich. Der Anblick vom blau schimmernden, Jahrtausende Jahre alten Eis nimmt einen gefangen. Island hat viele Gletscherlagunen, aber so gut zugänglich und fotogen wie am Jökulsarlon sind sie nicht.
Vielleicht belehrt das die Klimawandel-leugner-spinner endlich. Hier kann man den vom Gletscher abgebrochenen Eisbrocken genussvoll beim schmelzen zusehen. Die kleine Lagune, in der das blaue Eis für ahhs und oohs bei den Touristen sorgt gibt es erst seit ca 1950. Davor endete der Gletscher im Meer. Zu dem Zeitpunkt hatte die wachsende Menschheit bereits 500 Jahre lang fleissig Kohle und Holz verfeuert. Um mit einer auf über 8 Milliarden angewachsenen Anzahl von Menschen mit dem verbrennen von fossilem Öl (Verbrennung als Treibstoff, Verbrennung von Plastik) weiter zu machen.
Gleich nebenan ist der Diamond Beach getaufte Strand. Hier werden die ins Meer gelangten Eisblocken wieder angespült und schmelzen kunstvoll am schwarzen Strand aus Lava Sand dahin.
Tip für Besucher: am Abend fotografieren. Dann scheint die Sonne schräg in die glitzernden Skulpturen aus Eis.
Zum Abschluss gibt noch ein pflichtschuldiges Foto vom in der Nähe liegenden Svartifoss, dem schwarzen Wasserfall. Die schwarzen Basaltsteine haben ihm den Namen „schwarzer Wasserfall“ verliehen. Schön, aber gegen ein ganz klein wenig Touristen Trubel darf man auch hier nichts einzuwenden haben. Alle Attraktionen, die gut erreichbar an der Ringstrasse liegen, sind bereits im Mai gut besucht.

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