Eigentlich hatte ich im Sommer vor, nach russisch Karelien zu reisen. Aber leider war nicht absehbar, wie lange es dauern würde, ein Visa für Russland zu bekommen. Oder ob das überhaupt vor dem frühen Einbruch des Winters klappen würde. So hab ich dann umdisponiert und kurz entschlossen eine Fähre für mich und den DAF T244 nach Helsinki, Finnland gebucht.
Finnland hatte die Grenzen für Geimpfte nämlich gerade wieder aufgemacht, und das war ich inzwischen doppelt und dreifach.
Finnland ist eine gute Wahl für Overlander, denn frei stehen ist unproblematisch und auf eine LKW Maut verzichtet Finnland: grandios. Besser noch: auf vielen Stellplätzen gibt es neben dem obligatorischen Plumpsklo eine Feuerstelle und gratis Brennholz. Oft liegt sogar eine Axt bereit, um Kleinholz zu machen. Bei uns in Deutschland undenkbar. Das Brennholz wäre nach einer Woche weg und die Axt sowieso. Entweder geklaut oder „aus Sicherheitsgründen“ entfernt, weil sich irgend eine Mami aufgeregt hat. Nicht so in Finnland, wo einfach noch ganz normale Leute wohnen und leben.
Die sich gern eine schöne, gemeinsame Zeit machen. Ich hab mein Vagabundenleben echt genossen und liebend gern direkt auf dem Feuer einer der vielen Raststellen gekocht.
Über die essbaren Pilze und Beeren in Finnland hab ich einen eigenen Eintrag im Blog fertig.
Wer nach Finnland fährt, sollte sich das Buch „Kriegsroman“ von Väino Linna als Reiselektüre besorgen. Man kann sagen, dass dieses Antikriegsbuch praktisch jeder in Finnland gelesen hat oder zumindest kennt. Der Roman ist 2014 in einer aktualisierten, unzensierten Neuübersetzung im EvM Verlag erschienen und beschreibt eindrücklich und ungeschönt das Schicksal einer finnischen Maschinengewehr Kompanie im zweiten Weltkrieg.
„Unser“ zweiter Weltkrieg ist mir präsent. Aber mir war gar nicht klar, dass die noch junge Demokratie Finnland, die soeben einen blutigen Bürgerkrieg überwunden hatte während des zweiten Weltkriegs sogar zwei Mal gegen Russland gekämpft hat. Im ersten Krieg, dem Winterkrieg, wurde Finnland grundlos von Stalin überfallen. Im zweiten Krieg, dem Fortsetzungskrieg kämpfte Finnland an der Seite Deutschlands gegen Russland, um die im ersten Krieg verlorenen Gebiete zurück zu erobern. Finnland konnte seine demokratische Grundordnung zwar verteidigen, ist aus beiden Auseinandersetzungen jedoch als Verlierer hervorgegangen und musste im Anschluss riesige Gebiete an Russland abtreten.
So den Grossteil von Karelien mit der Hafenstadt Vyborg, ausserdem verlor Finnland den Meerzugang zur Barentsee.
Es wäre interessant gewesen, die damaligen Schlachtfelder aufzusuchen, aber die liegen nun leider im heutigen Russland. Finden lassen sich jedoch die Überreste der Salpa-Linie, einer rund 1200 km langen Verteidigungsanlage. Diese wurde gebaut, um die Ostflanke Finnlands gegen Russland zu schützen. Die damaligen Schützengräben entdeckt man im Wald, wenn man aufmerksam unterwegs ist und oft sind Sehenswürdigkeiten wie diese als „Salpalinja“ ausgeschildert. Einfach Mal rechts ran und abbiegen, wenn so ein Schild auftaucht, es lohnt sich !
Aber zurück zu den Wäldern Finnlands ! Dort ist ja noch viel mehr zu finden als ein paar alte Bunker. Die eigentlichen Schätze des Waldes bestehen im Sommer aus Beeren, den Pilzen, den stillen Seen, den vielen Rastplätzen und der Tierwelt. Im Winter ist Wintersport angesagt – um ehrlich zu sein nicht so mein Ding. Ich mags lieber chillig & warm.
Je weiter man nach Norden fährt, um so einsamer und urtümlicher wird es. In Lappland war ich mit Nachtfrost konfrontiert, Ende August wohlgemerkt. Auf der Strasse muss man aufpassen, dass man keine Rentiere überfährt.
In der finnischen Sprache ähnelt absolut nichts den Wörtern im Deutschen, Englischen oder Französischen. Finnisch ist sprachlich von Europa so weit entfernt wie Chinesisch oder Indisch. In Norwegen oder Schweden blitzen dagegen oft Wörter auf, die man irgendwie wieder erkennt.
Ein Beispiel aus Norwegen: Gamle Kongevei. Gamle klingt schon nach gammelig und alt, Konge wie King Kong = König, vei wie Weg. Auf die mögliche Bedeutung kommt man daher nach etwas raten und kombinieren: alter Königsweg. Das funktioniert in Finnland überhaupt nicht. Mücke heisst Hyttynen, Lagerfeuer Nuotio und Tisch Pöytä.
Zum Glück gibt es inzwischen Google Lens. Das ganze ist bestenfalls Beta, der Sinn stimmt nicht immer. Durch die Übersetzung von Finnisch nach Englisch (Googles Sprache) und dann nach Deutsch wird das Ergebnis nicht besser. Trotzdem ist es eine Erleichterung, bei der Speisekarte ungefähr herauszubekommen, was man bestellt. Einfach nur durch das zücken vom Handy mit Google Lens drauf. Im Supermarkt, im Restaurant, unterwegs. Das hat mich in Finnland oft in die richtige Richtung geführt.
So heisst Yhteisömetsä z.B. Gemeinschaftswald, da sind dann Feuerplätze mit bereit liegendem Feuerholz und ein gratis Stellplatz.
Oft sind Rentiere direkt am Strassenrand und äsen dort Zweige oder Gras ab. Daher muss man in Lappland noch vorsichtiger Auto fahren als ohnehin schon. Denn mitunter beanspruchen die Rentiere den Verkehrsraum für sich und tanzen in einer Reihe über die Strasse wie Revuegirls. Dem sollte man sich nicht mit mehr als 80 km/h nähern, um rechtzeitig bremsen oder ausweichen zu können.
Was sollte man in Finnland zu beachten ?
Hauptsächliches Problem in Finnland: die automatischen Tankstellen kommen mit den Debit Kreditkarten aus Deutschland nicht klar. Denn die wollen immer einen Betrag reservieren und dann abbuchen, was getankt wurde. Diese Funktion unterstützen jedoch nur echte Kreditkarten, die am Monatsende vom Konto abbuchen, soweit ich es einschätzen würde.
Abhilfe: an manchen Tanksäulen kann man (undokumentiert) die 7 drücken und dann drinnen bezahlen, wenn der Mitarbeiter an der Kasse das Terminal manuell frei gibt. Oder Geld abheben mit Kreditkarte – dann cash bezahlen, das klappt aber auch nicht mit jedem Geldautomaten.
Ich hab in Finnland (für Skandinavien) erstaunlich gut & günstig in Restaurants gegessen. Ein Mittagsgericht kosten oft nur zwischen 12 – 15 Euro, inklusive Getränk und Salat. Kaffee ist in der Regel unlimited. Das war ich aus Norwegen oder Dänemark ganz anders gewöhnt.
Kaffee in Finnland – das ist praktisch der Treibstoff der Finnen und in keinen Land Europas wird pro Kopf mehr Kaffee konsumiert als in Finnland. Dafür ist Alkohol vergleichsweise teuer – und als Gastgeschenk gern gesehen. Deutsches Bier lässt sich prima als Tauschobjekt, Gruss aus der Heimat, Dankeschön oder kleine Bestechung verwenden, wobei ich Starkbier mit 7,5% aufwärts geladen hatte.
Auf den Strassen ist Abblendlicht Pflicht, in der Nähe von Ortschaften ist das Geschwingigkeitslimit 60 und in Ortschaften dann 40 oder 50 km/h.