Überall da, wo ich den Truck über Nacht hinstelle schaue ich mich in der Regel etwas um. Stimmt irgend was nicht ? Oft endet das in einer kleinen Aufräumaktion: mit einer Plastiktüte und Einweghandschuh bewaffnet sammle ich Plastikabfälle und andere Hinterlassenschaften auf, um sie später zu entsorgen.
Ich muss sagen, dass ich ein ganz zufriedenes Gefühl dabei habe wenn ich Abends beim Einschlafen weiss, dass rund um meine Kiste herum kein Müll mehr herumliegt.
Nicht immer mach ich Fotos. Aber manchmal eben doch, vor allem bei den grösseren Aktionen. Wenn man Glück hat, entdeckt man beim aufsammeln der Abfälle sogar noch irgend etwas interessantes. Oder man hat etwas interessantes zu erzählen. So auch diesmal.
Aufräumen 29
Normalerweise hacke ich ja ganz gern auf den klolosen Vanlifern herum, aber in dem Fall können die Hinterlassenschaften wie Klopapier und das was man damit abgewischt hat auch von ganz gewöhnlichen Tagesbesuchern kommen. Klopapier ist dabei ganz besonders nervig, weil es sich nicht auflöst sondern eher zu Fladen zerbröselt, die noch ewig liegen bleiben.
Mir gegenüber sassen auf dem Gras, welches ich soeben von ein paar Abfällen befreit hatte vier pausbäckige, zufriedene Osteuropäerinnen, die jeweils einen Apfel geschmaust haben. Ein geniales Foto, was ich leider nicht gemacht hab.
Eine von denen hat dann ihren Apfelrest im hohen Bogen hinter sich geworfen. Worauf ich mit der Mülltüte hinspaziert bin um ihnen zu erklären, was ich hier gerade gemacht hab und worum sie so schön im Gras sitzen konnten. Den Apfelgripsch hab dann demonstrativ ich aufgesammelt.
War aber trotzdem nett und wir haben uns winkend verabschiedet …
Entsorgung: Mülltonnen in Vik
Island Mai 2024
Aufräumen 30 – Seljavallalaug
Dort ziehen sich die Leute um, um anschliessend im Pool ein Instagram / Facebook / TikTok Jubelbild in die Welt zu posten. Von ihrem Traumurlaub in Island. Direkt aus den fantastischen warmen gratis Thermalbecken mit Blick auf die wie mit Puderzucker bedeckten Berge.
Auf diese Situation war ich nicht vorbereitet. Ich hatte nur eine kleine Tüte plus den obligatorischen Einweghandschuh dabei. Obwohl ich nochmal extra zum LKW zurück gegangen bin um eine zweite, viel grössere Mülltüte zu holen und zu füllen … hat das bei weitem nicht ausgereicht, um diese Müllhalde zu beseitigen.
Es war irgendwie surreal, dass ich dort den Dreck zusammen gesucht hab während nebenan im warmen Becken im gleichen Moment von den Gästen die super Zeit in Island mit Selfies gefeiert wurde.
Menschen sind echt gut darin, Dinge nicht war zu nehmen. Aber auch im Lügen.
Technisch gesehen war die Aktion ein Fehlschlag, da ich bestenfalls 10% der Abfälle erwischt hab.
Entsorgung: 30 Minuten später in riesen Mülltonnen am gratis Stellplatz vom Hafen zur Vestmannaeyjabaer Fähre, meinem Nachtlager.
Island 06.05.2024
Aufräumen 31 – Seljavallalaug (zweiter Tag)
Mir hat das keine Ruhe gelassen und so bin ich am nächsten Tag nochmal zum Seljavallalaug Swimming Pool gefahren, um mit viel mehr Plastiktüten alles zusammen zu packen, was dort herumlag. Weiter oben ist das „Vorher“ Bild, hier kommt das „Nachher“ Bild:
Diesmal hab ich die Touristen beim Seljavallalaug angesprochen und gefragt ob sie bereit wären, jeweils eine Tüte zum 1 Kilometer entfernten LKW auf dem Parkplatz zu tragen. Das magische war, dass jeder den ich angesprochen hab sofort kapiert hat was ich hier tue – und tatsächlich eine Tüte mitgenommen hat.
Einige haben sich auf dem Rückweg zum Parkplatz sogar zwei geschnappt. Ein junger Student aus Deutschland hat sich einen weiteren, super schweren schwarzen Sack über die Schulter geworfen.
Es waren mir unbekannte Menschen aus Amerika, Deutschland und Island, die spontan geholfen haben, alles zum Truck zu transportieren. Gemeinsam haben wir das richtige getan.
Während ich gestern eher pessimistisch und bedrückt war, hab ich heute eine Menge gelernt und verstanden.
Die Menschen in Europa mögen den herumliegenden Müll nicht. Eigentlich möchte jeder etwas tun, aber spontan wird das als zu schwierig angesehen. Wenn man jedoch die Aufgabe des Abtransports organisiert, kann man sich bereitwilliger Hilfe sicher sein.
Dazu hatte ich den Abfall in „appetitlich“ aussehende Happen verpackt. Die Aufgabe war übersichtlich & klar formuliert: bitte transportiere diese Tüte (mit Henkel) exakt 1km weiter. Du must nicht mehr tun, als sie einfach vor den dort parkenden ex-Militär LKW stellen. Um den Rest kümmere ich mich. Du hast keine Verantwortung.
Ich schätze, dass höchstens 1 – 2 von 100 Touristen absichtlich Müll verteilen. Aber aus unbeabsichtigt vergessenen Kleidungsstücken und Handtüchern, was der Hauptbestandteil von diesem Abfall war, wird dennoch mit Wasser vollgesogener und stinkender Müll.
In Seljavallalaug ist die Situation dabei wie folgt: eine hohe Anzahl von Touristen möchte eine traumhaft schön gelegene Anlage besuchen. Dort ist aber keine Organisation, die Toiletten und Abfallbehälter bereit stellt. Die Isländer überlassen das einfach dem Zufall.
Islands Tourismus Industrie ist eine bedeutende Einnahmequelle. Wenn Touristen in einem industriellen Massstab das Land besuchen, sollten die erheblichen Steuereinnahmen dazu verwendet werden, alles zu organisieren und schädliche Folgen für die Umwelt (und damit vielleicht auch die eigentlichen Bewohner des Landes ?) abzuwenden.
Dafür ist nach meinem Verständnis der Staat zuständig.
Statt dessen wird immer nur gebetsmühlenartig wiederholt, dass die Touristen auf Campingplätze sollen, nicht irgendwo drauf trampeln und bitte nicht ungeplant Pipi machen. Das ist natürlich viel einfacher und bequemer, ignoriert die offensichtlichen Probleme mit mangelhafter Infrastruktur jedoch.
Dazu sage ich nur einen einzigen Satz: wer sich beklagt möchte eine Veränderung erreichen ohne die dafür notwendigen Schritte zu unternehmen.
Die meisten Besucher wollen sich dabei im Grunde richtig verhalten. Ich hab das heute auf bemerkenswerte Weise erlebt. Für möglich gehalten hätte ich es ehrlich gesagt nicht.
Entsorgung, erster Versuch: direkt in der Nähe war die Faxi Bakery, ein Touristen Cafe. Dort hab ich zunächst angehalten. Ich hab dem Besitzer (einem Isländer) erklärt, was ich gemacht hab und ob ich bei ihm in seinen riesen Müllcontainern entsorgen kann. Er meinte, tolle Aktion, aber leider Nein. In seinen Mülltonnen wäre ihm das viel zu teuer.
So ist offenbar die Einstellung von vielen Isländern zum Problem mit dem Müll.
(Er hätte mich ja wenigstens Mal zu einem Kaffee einladen können in seinem Cafe)
Entsorgung: in die Kabine verladen (seufz …) und erneut in den riesen Mülltonnen vom Hafen der Vestmannaeyjabaer Fähre entsorgt. Für mich 30 Kilometer Umweg, aber was solls …
Island 07.05.2024
Aufräumen 32 – Strandakirkja Free Camping
Der „Free Camping“ Stellplatz in Strandakirkja ist eine gewisse Institution in Island. Wie sie sich abgesehen von Spenden finanzieren weiss niemand, aber der Campingplatz ist im Notfall auch umsonst und daher bei den Reisenden beliebt.
Das ist in Island einmalig.
Ich hab das zum Anlass genommen, dort den Müll einzusammeln, um den Platz zu pflegen. Unter den Funden waren Zigarettenkippen, Toilettenpapier, die üblichen Plastik Einwegverpackungen und Papier Fetzen.
Entsorgung: Mülltonne direkt auf dem Campingplatz
Island, Mai 2024
Tolles Vorbild! Vielen Dank ich sammle hin und wieder beim wandern Müll ein.