Ein ungeliebter „Buchstabe“. Die Eliminierung vom ß

Vielleicht hat sich der eine oder andere schon Mal gewundert, warum es hier scheinbar vor Rechtschreibfehlern nur so wimmelt. Insbesondere: warum ich Fuss oder Strasse mit ss schreibe und nicht mit ß.

Ursache: ich hab eine persönliche Abneigung gegen diesen sogenannten „Buchstaben“, vor allem aus ästhetischen Gründen.

In meinem privat betriebenen Internetblog bin ich glücklicherweise nicht an journalistische Standards gebunden. Niemand zwingt mich, Rechtschreibregeln einzuhalten – oder zu politischen Themen die Klappe zu halten. Meiner Meinung nach sprechen jedenfalls sehr viele Argumente dafür, das ß überhaupt nicht mehr für eine Benutzung in Erwägung zu ziehen.

Erstens: das dusselige ß versteckt sich auf einer handelsüblichen PC Tastatur zusammen mit dem Fragezeichen in der obersten Reihe bei den Zahlen & Sonderzeichen. Allein das kann als Beleg gelten, dass es sich beim ß überhaupt nicht um einen regulären Buchstaben handelt. Richtige Buchstaben befinden sich in der zweiten, dritten und vierten Reihe, von oben aus gezählt. Inklusive der zum Beispiel im englischen unbekannten Umlaute ö ü oder ä, mit denen ich kein Problem hab. Auf dem Handy gibt es das ß gar nicht mehr: man muss schon genau wissen, dass man dazu s länger gedrückt halten muss.

Zweitens: es gibt keine Wörter, die mit ß anfangen. Im Gegensatz zu den echten Buchstaben kann man ß offiziell erst seit dem 29.06.2017 gross schreiben (sieht im Grunde genommen aber gleich aus).

Eine völlig absurde und weltfremde Entscheidung vom „Rat für deutsche Rechtschreibung“ – mir persönlich war überhaupt nicht klar, dass es Institutionen gibt, die an solchen Stellschrauben drehen können.

Gag: versucht doch Mal, am PC ein gross geschriebenes ß hervorzuzaubern … die Leute, auf die es letztendlich ankommt wie Google, Microsoft oder Apple haben sich diesem Blödsinn nämlich komplett verweigert.

Drittens: den Buchstaben ß kann man prima mit ss ersetzen, es klingt identisch. Das Schweizer Alphabet kennt kein ß und macht es genau so.

Viertens sprechen vor allem ästhetische Gründe gegen das ß. Ich finde den Buchstaben merkwürdig verdreht, geradezu grotesk. Der Buchstabe sieht (für mich subjektiv) zunächst wie ein handschriftliches B aus, jedoch irgendwie bauchig und unförmig. Die Form erinnert stark an nachlässig auf einem angebratenen Toastbrot verspritzten Ketchup oder den schlaff und unförmig herabhängenden Bierbauch von einem alten Mann. Regenwürmer, die ertrunken in einer Pfütze liegen haben eine grosse Ähnlichkeit mit dem ß, finde ich. Der missratene Versuch eines Bäckerlehrlings mit viel zu weichem Teig eine Bretzel zu formen liesse das Ergebnis vermutlich wie ein ß aussehen. Das ß sieht aus wie ein Rest schmutziges Seil, den das Meer zusammengeschoben und an den Strand gespült hat.

Zerrissene gelbe Gummibänder formen auf einer schwarzen Tastatur den Buchstaben ß
Ein paar kaputte Gummibänder auf einer verdreckten Tastataur …

Mir gefällt das sich umständlich irgendwo beim „?“ versteckende ß jedenfalls nicht.

Wenn man den Buchstaben ß in der Wikipedia nachschlägt entdeckt man eine richtig schräge Geschichte. So war es 1941 als Vereinfachung der Normschriften schon einmal geplant, das ß zu streichen. Auf persönliche Initiative von Adolf Hitler wurde dieses Vorhaben jedoch verhindert. So wurde das ß als „deutscher Buchstabe“ beibehalten. Schlimmer noch, ein grosses ß sollte auf speziellen Wunsch von Adolf Hitler zukünftig durch „SS“ (zwei S in Grossbuchstaben daher) symbolisiert werden. Was natürlich totaler Quatsch ist, denn wie oben bereits erwähnt steht das ß sowieso nie am Anfang eines Wortes oder einzeln. Weder gross noch klein.

Natürlich hat sich aus naheliegenden Gründen niemand getraut, Adolf auf dieses Problem hinzuweisen. Es wäre eine gute Idee gewesen, diesen Hitler-Buchstaben wenigstens nach dem verlorenen Krieg zu streichen, aber dazu ist es leider nicht gekommen. Statt dessen hat sich 2017 der „deutsche Rat für deutsche Rechtschreibung“ aufgeschwungen, etwas „richtig“ zu stellen, was schon längst auf dem Müllhaufen gelandet war.

Dieses Internetblog ist jedenfalls ß-frei. Das ß taucht nur noch in diesem Artikel auf, hoff ich. Abgesehen davon nur noch in Beiträgen oder Kommentaren von Usern, wo es selbstverständlich weiter erlaubt ist. Im Gegensatz zu diesem komischen, praxisfernen Rat will ich schliesslich niemanden unnötig belehren oder gar bekehren.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert